Quelle: punktRWB Nr. 75 3.2018 - Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH

Die Situation erinnert schon ein wenig an die unbeugsamen Gallier im römischen Besetzungsgebiet: In und um den Rheinisch-Bergischen Kreis herum gibt es unzählige Möbelhäuser. Meist liegen sie etwas außerhalb, in der Nähe von Autobahnen oder Einfallstraßen. Sie werben mit großen Ausstellungsflächen und riesiger Auswahl. Mitten in Bergisch Gladbach, genauer gesagt in Paffrath, ist der Standort von Möbel Lenz. Eine Erfolgsgeschichte – seit fast 90 Jahren.

„Nächstes Jahr wird das Jubiläum groß gefeiert“, sagt Guido Koch. Doch zuvor wird noch umgebaut. „Die Boutique wird neu gemacht und auch ein großer Teil der Küchenausstellung“, so der Geschäftsführer. Nicht nur der runde Geburtstag ist der Grund für die Sanierung. „Wir müssen etwas tun, wenn es noch schön ist“, so der 51-Jährige. Das ist nur eine Maßnahme, um für die Kunden attraktiv zu bleiben. Stillstand gibt es bei Möbel Lenz nicht. „Verän- derung ist ein Muss, es geht gar nicht anders“, so Koch.

Diese Erkenntnis kommt nicht von ungefähr. „Vor 15 Jahren sah die wirtschaftliche Situation nicht so rosig aus“, erinnert sich der Geschäftsführer. Damals holte sich das Unternehmen externe Hilfe. „Um eigene Schwachstellen auszumachen, die man nicht selber sieht.“ Das Ergebnis der Analyse: Es haperte an Marketing und Werbung, es fehlte eine klare Ausrichtung und die Geschäftspolitik war zu wechselhaft. „Dank des Unternehmensberaters haben wir uns neu aufgestellt“, so Koch. „Bei uns gibt es jetzt seitdem jede Woche einen Jour fixe. Einen halben Tag mit der Geschäftsleitung und dem Berater, um Strategisches zu besprechen.“

Es sind viele kleine Bausteine, die seit der Neuausrichtung ineinandergreifen. Zum einen wechselte Möbel Lenz die Aussteller, arbeitet nun mit namhaften Firmen zusammen und verkauft unter anderem Möbel von Brühl, Team7 und Musterring. Auf Bad- und Gartenmöbel wird bewusst verzichtet. „Das ist bei 4.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche nicht drin“, so Koch. Den begrenzten Platz sieht Koch durchaus als Vorteil: „Bei einem Flächenpalast sieht doch letztendlich alles gleich aus.“ Bei Möbel Lenz werden dagegen individuelle Wohnwelten gezeigt. „So können sich die Kunden die Möbel besser in ihrem Zuhause vorstellen“, so die Erfahrung von Koch. Auch klassische Einstiegseinrichtung und einen SB-Markt sucht man in dem Einrichtungshaus vergeblich. „Wir wollen beraten, anliefern und aufbauen“, fasst der Geschäftsführer zusammen. Um die Bekanntheit zu fördern, werden die Auslieferungsfahrzeuge ganz bewusst als Werbefläche mit hohem Wiedererkennungswert genutzt.

Ein weiteres Ziel: Aus jedem Kunden soll mit der Zeit ein Stammkunde werden. „Viele trauen uns das nicht zu, doch wenn ein Kunde einmal hier war, dann schaffen wir es auch, ihn neu zu gewinnen“, ist der Geschäftsführer überzeugt. Damit potenzielle Kunden den Weg nach Paffrath finden, setzt das Familienunternehmen auf ein professionelles Marketing: Postwurfsendungen, Werbebeilagen in Zeitungen und aktuelle Informationen über Angebote auf der Website. „Wir bieten das ganze Jahr über Aktionen und geben den Kunden dadurch einen finanziellen Vorteil“, erklärt Koch. Das Internet wird bewusst miteinbezogen. „Bei der Aktion ‚Küchen zu Werkspreisen‘ bekamen Kunden, die ihre Fotos posteten, 200 Euro erstattet“, erzählt der Geschäftsführer. „Eine tolle Aktion. Wir sind ganz begeistert, wie viele da mitgemacht haben.“

Als relativ kleines Möbelhaus ist sich Möbel Lenz seiner Außenseiterstellung bewusst. „Wir müssen uns durch unser Anderssein abgrenzen und wir müssen besser sein als die anderen“, sagt Koch. Dabei steht nicht der Profit, sondern der Mensch im Vordergrund. „Wohlfühlen, Mensch sein. Das ist unser Motto und das leben wir“, so der Geschäftsführer. Eine breite Auswahl an kostenlosen Getränken für die Kunden ist selbstverständlich und samstags wird sogar im Küchenstudio gekocht. „Da sitzen dann die Kunden mit den Mitarbeitern beim gemeinsamen Essen an einem Tisch“, erzählt Koch. Nicht nur den Kunden scheint die Atmosphäre in dem Möbelhaus zu gefallen. Bei den rund 30 Angestellten tendiert die Fluktuationsrate gen null. „Wir sind wie eine große Familie, die Lenzianer, und wir sind davon überzeugt, dass die Kunden diese positive Grundstimmung spüren.“ Die vor Jahren begonnene Umorientierung schlägt sich positiv in den Umsatzzahlen nieder. Und die Kundenbindung ist sogar generationenübergreifend. Koch: „Teilweise beliefern wir schon drei und sogar vier Generationen einer Familie.“

Die ersten Möbel im Tanzsaal gelagert

Angefangen hat die Traditionsgeschichte des Möbelhauses im Tanzsaal der Paffrather Gaststätte „Zur Linde“. Den funktionierten die Brüder Peter und Stefan Lenz 1929 zu einem Möbellager um, nachdem Stefan Lenz nach einem Konkurs sein letztes Gehalt in Möbeln ausbezahlt bekam. Das Geschäft florierte trotz Wirtschaftskrise. 1934 kauften die Brüder das Gelände an der Paffrather Straße. Hier wurden Polster-, Büro- und Behördenmöbel in kleinen Serien gefertigt und verkauft. Mit dem Generationswechsel auf den damaligen Junior Peter Lenz, dem heutigen Inhaber, stand der Handel mit Möbeln und Einrichtungen im Vordergrund. Die Möbelfertigung wurde 1980 ganz eingestellt. Mit Babsy Lenz ist inzwischen die dritte Generation in der Geschäftsführung nachgerückt.